Ein Tag zwischen Bühne, Beratung und Bildung
Wie viel Bühne steckt im Unterricht?
Wie bewertet man Kreativität fair?
Und was passiert, wenn Schüler:innen ihre eigene Welt auf die Bühne bringen?
Diese Fragen begleiteten mich an einem Tag voller Eindrücke, Inspirationen und fachlicher Tiefe – bei der regionalen Fachberaterin für Darstellendes Spiel in Rheinland-Pfalz und im Schulfach Kultur am Geschwister-Scholl-Gymnasium Daun.
Vormittag: Wo Unterricht zur Inszenierung wird
Der Tag begann mit einem Blick hinter die Kulissen der Fachberatung Darstellendes Spiel. Schon beim ersten Gespräch wurde klar: Hier geht es nicht nur um Theater – es geht um Ausdruck, Haltung, Präsenz und die Kunst, Lernprozesse sichtbar zu machen.
Besonders spannend war der Einblick in das mündliche Abitur im Fach Darstellendes Spiel. Prüfungsformate wie szenische Gruppenarbeiten, performative Monologe oder interaktive Präsentationen zeigen, wie vielfältig und anspruchsvoll dieses Fach ist. Doch wie bewertet man eine Performance? Wie unterscheidet man zwischen künstlerischer Freiheit und prüfungsrelevanter Leistung?
Die Antwort: mit einem mehrdimensionalen Bewertungskonzept, das nicht nur das Ergebnis, sondern auch den Weg dorthin würdigt. Kreativität wird hier nicht als Zufallsprodukt verstanden, sondern als kompetenzorientierter Prozess, der planbar, reflektierbar und entwickelbar ist. Bewertet werden unter anderem:
- Körperlicher und stimmlicher Ausdruck
- Gestalterische Entscheidungen
- Kooperationsfähigkeit
- Reflexionskompetenz

Ein Highlight war die Vorstellung von Unterrichtsreihen, die sich wie Dramaturgien entfalten: vom Warm-up über Improvisation bis hin zur Inszenierung. Besonders eindrucksvoll: eine Sequenz zur „körperlichen Präsenz im Raum“, bei der Schüler:innen lernen, mit Spannung, Blickführung und Raumwegen zu arbeiten – ganz ohne Worte, aber mit maximaler Wirkung.
Vormittag: Wo Unterricht zur Inszenierung wird
In einer kollegialen Fallberatung wurde ein reales Unterrichtsproblem diskutiert: mangelnde Beteiligung einzelner Schüler:innen in Gruppenprozessen. Was folgte, war ein Paradebeispiel für professionelle Zusammenarbeit: Hypothesen wurden gesammelt, Perspektiven gewechselt, kreative Lösungen entwickelt – von Rollenrotation über gezielte Aktivierungsübungen bis hin zu Feedbackmethoden mit Videoanalyse.
Diese Form der Beratung war nicht nur praxisnah, sondern auch ein starkes Plädoyer für kollektive Unterrichtsentwicklung: gemeinsam denken, gemeinsam wachsen.
Nachmittag: Kulturunterricht am GSG Daun – Bühne der Persönlichkeiten
Am Nachmittag wechselte ich die Perspektive – von der Beratung in den Unterricht. Im Schulfach Kultur der Orientierungsstufe am GSG Daun wurde ich Zeuge eines Unterrichts, der mehr war als nur Fachvermittlung: Er war ein Raum für Selbstentfaltung.
Das Thema der Stunde: „Meine Welt – meine Bühne“. Die Schüler:innen entwickelten kurze Szenen, in denen sie persönliche Erlebnisse, Träume oder Konflikte performativ umsetzten. Die Bühne wurde zum Spiegel ihrer Innenwelt – mal leise, mal laut, mal nachdenklich, mal humorvoll. Was mich besonders beeindruckte: die wertschätzende und differenzierte Rückmeldung der Lehrkraft. Statt Noten gab es Feedback zu Ausdruck, Klarheit, Kreativität und Teamarbeit. Die Schülerinnen führten Lerntagebücher, reflektierten ihre Entwicklung und wurden so zu aktiven Gestalterinnen ihres Lernprozesses.
Ein Tag voller Impulse – und ein Plädoyer für mehr Bühne im Schulalltag
Dieser Tag hat mir gezeigt, wie kraftvoll kulturelle Bildung sein kann – wenn sie ernst genommen, professionell begleitet und kreativ gestaltet wird. Ob im Abitur oder in der Orientierungsstufe: Darstellendes Spiel und Kultur sind keine „Nebenfächer“, sondern Räume für Persönlichkeitsbildung, Ausdruck und soziale Kompetenz.
Ich nehme viele Impulse mit – für meinen eigenen Unterricht, für die kollegiale Zusammenarbeit und für die Frage, wie wir Schule als Ort der Entfaltung gestalten können.
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